von mag 24.07.2021 12:17 Uhr

Die Geschichte eines lebenswichtigen Hormons: 100 Jahre Insulin

Diese Tage jährt sich zum hundertsten Mal ein zentrales Ereignis der Medizingeschichte: Am 27. Juli 1921 gelang den Medizinern Frederick Banting und Charles Best erstmals die Isolierung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse von Hunden. Sie legten damit den Grundstein für die erste wirksame Behandlung des Diabetes mellitus. Banting erhielt 1923 den Nobelpreis für Medizin und vermachte das Patent zur Herstellung von Insulin für einen symbolischen Dollar der Universität Toronto.

Symbolbild von Steve Buissinne auf Pixabay

Schon früh interessierte sich Banting für die Krankheit Diabetes mellitus. Er nahm die Forschungen von mehreren Wissenschaftlern auf, die vermuteten, dass der Diabetes durch einen Mangel eines hormonellen Proteins verursacht wird. Erste Versuche, das bei diabetischen Patienten fehlende Insulin durch den Verzehr von tierischen Bauchspeicheldrüsen zu ersetzen, misslangen aber, weil Insulin durch Enzyme der Bauchspeicheldrüse zerstört wird.

Diabetes mellitus – Noch vor 100 Jahren ein sicheres Todesurteil

Obwohl die Symptome des Diabetes seit der Antike bekannt waren, stellte der Typ-1-Diabetes (der damals noch nicht so genannt wurde) noch vor hundert Jahren eine tödlich verlaufende Krankheit dar. Durch stark kohlenhydratreduzierte Ernährung konnten die Erkrankten ein oder zwei Jahre überleben, bevor sie dann abgemagert ins diabetische Koma fielen und verstarben. Doch dank der bahnbrechenden Leistung der kanadischen Forscher gab es plötzlich Hoffnung.

Aufbauend auf ihre Erfolge bei der Insulinisolierung spritzten Banting und sein Assistent Best im Juli 1921 einem Hund als Erstem Insulin und konnten damit eine Blutzuckersenkung von 40 Prozent erreichen. Sie entwickelten ihre Entdeckung weiter und testeten verschiedene Extraktionsmöglichkeiten und Aufbereitungsformen für das neu entdeckte Hormon.

Charles H. Best (l) und Frederick Banting (r) zusammen mit dem ersten Hund, der ohne Bauchspeicheldrüse durch Injektionen mit einem Extrakt aus der Bauchspeicheldrüse eines anderen Hundes über einen längeren Zeitraum überlebte. Den beiden Medizinern gelang es, Insulin aus tierischen Bauchspeicheldrüsen zu extrahieren und in eine spritzbare Form zu bringen.

Das erste behandelte Kind

Trotz einiger Rückschläge gelang ihnen einige Monate später ein weiterer entscheidender Durchbruch: Am 23. Januar 1922 spritzten sie dem 13-jährigen Leonard Thompson tierisches Insulin und konnten so seine gefährlich hohen Blutzuckerwerte senken. Schon nach wenigen Tagen erholte sich der vorher lebensbedrohlich erkrankte Junge, der daraufhin noch 13 Jahre mit Insulintherapie lebte, bevor er 1935 an einer Lungenentzündung verstarb. Weitere Patienten folgten kurz darauf, die ebenfalls erfolgreich behandelt werden konnten und so stand erstmals eine wirksame Therapie des Typ-1-Diabetes zur Verfügung.

Theodore Ryder vor und nach der Behandlung mit Insulin. Im Juli 1922 ist der fünfjährige Ryder der zweite Patient, der vom Team um Banting und Best behandelt wird. Er überlebte 70 Jahre lang und erreicht damit die wahrscheinlich längste dokumentierte Überlebensdauer eines Diabetes-Patienten in der Medizingeschichte. Ryder starb 1993 im Alter von 76 Jahren an einer Herzkrankheit (Quelle: www.torontomedicalhistoricalclub.ca).

„Insulin gehört der Welt, nicht mir“, soll der junge Mediziner Banting daraufhin gesagt haben und vermachte das Patent zur Herstellung von Insulin für einen symbolischen Dollar der Universität Toronto.

Mit 32 Jahren ist Frederick Banting bis heute der jüngste Medizinnobelpreisträger aller Zeiten. Er war der erste Kanadier überhaupt, der einen Nobelpreis gewann.

Stetige Entwicklung

In den folgenden Jahren machte die Insulintherapie große Fortschritte: Die Hilfsmittel für die Insulingabe entwickelten sich von der ersten speziell für die Insulininjektion entwickelten Spritze über „Autoinjektoren“ bis hin zu Pens und Insulinpumpen, die beide ab den 1980er Jahren für die allgemeine Verwendung zur Verfügung standen.

Gleichzeitig veränderten sich auch die Insuline selbst: Zunächst wurde das Insulin aus gereinigten und aufbereiteten Schlachthausabfällen (vom Rind oder Schwein) hergestellt. Es gab zu diesem Zeitpunkt ausschließlich schnell wirksames Insulin.

Über die Jahre wurden verschiedene Zusätze getestet, durch die dann auch langwirksame Basalinsuline möglich wurden. 1982 wurde das sogenannte Humaninsulin, das gentechnisch hergestellt wurde, erstmals eingeführt.

Trotz der Entdeckung des Insulins vor mittlerweile 100 Jahren sind sich die Experten einig, dass Diabetes in Zukunft zu den größten gesundheitlichen Problemen in der Gesellschafft gehören wird. Und leider wohl auch zu den häufigsten Todesursachen.

(Quelle: Sonderheft 100 Jahre Insulin. Kirchheim 2021)

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Möchtest du die neuesten Meldungen auch auf Facebook erhalten?

Hier
klicken

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite